Gestern Nachmittag war ich mir noch ziemlich sicher dass wir die Terrassenüberdachung zu klein geplant haben und war kurz davor beim Lieferanten anzurufen und umzubestellen. Seit gestern Abend ist aber klar, dass man darunter locker eine Bühne samt Spidergawd und einer Hand voll Fans unterbringen könnte. Soviel zu diesen Dimensionen.
Jetzt zu den Dimensionen von Spidergawd: In Hamburg beschreiben sie es als Energie-Exzess, der Sinne wie Ohren betäubt und recht haben sie und das dann in einer Location wie dem Club Stereo, die wie dafür gemacht ist. Das dürfte das Konzert des Jahres gewesen sein. Viel besser geht wahrscheinlich nicht.
Und nicht zu vergessen, die Vorband Woodland hat dazu gepasst wie die Faust aufs Auge. Top! Von diesem Abend werden wir unseren Enkeln noch erzählen und werden feuchte Augen bekommen, oder Windeln, jedenfalls feucht.
Konzerte
Da Boa, boah!
Der konsequenteste Indiepionier unseres Landes mit dem Voodooclub im Hirsch. Ich muss etwas ausholen. Früher war das Leben einfach: Entweder du hast als Kerl Blasmusik gespielt, weil du am Land groß geworden bist, oder warst Metaller, oder beides, ohne Crossover. Dazwischen gab es eigentlich nur Popper-Scheiß. Dann kam der Voodoocult mit dem Herrn Boa und allem an Board was das Metaller Herz begehrt: Dave Lombardo, Chuck Schuldiner, Waldemar Sorychta und Mille Petrozza. Ein Trash-Metal-Gerät mit einem Popper als Sänger!
Nachdem der Phillip Boa dann wieder mit dem Voodooclub weitergemacht hat, musste der dann auch mal behört werden. Und so schlecht war dieses Popper-Zeugs gar nicht, also fast schon gut. Naja und seitdem wird halt Boa gehört. Fertig.
Zum Konzert: Super! Vorher noch schnell am Diana-Platz beim Kebap Sarayi einen spitzen Dönerteller gegessen, der Hirsch war voll und der Voodooclub samt Boa haben geliefert. Und zwar sowas von. Dann noch zum Runterkommen in die Monobar, ein perfekter Abend.
Wikipedia beschreibt es so: „melodischer, gitarrenorientierter Rock, der charakteristisch von zwei im Duett gespielten E-Gitarren dominiert wird“
Wishbone Ash im Hirsch – ganz schwer zu beschreiben, am besten fangen wir mal bei der Vorband an. Die Vorband war genau genommen keine Band sondern ein Alleinunterhalter und deshalb heißt die Band auch so wie der Künstler selbt: Steve Hill. Ein verrückter Hund. Dann Zweieinviertel Stunden Wishbone Ash, ganz schön lang für solche alte Knaben. Die Musik, die sie machen ist schon irgendwie komisch, 2 Lead-Gitarren, das bedeutet unendlich viele Gitarrensolos. Melodisch mit viel Blues-Einschlag. Meiner Fast-Rentner-Begleitung hat es gefallen und das war die Hauptsache.
Discofäuste
Das Highlight diese Wochenende waren die Chicolores in Eggolsheim. Insgesamt eine glückliche Angelegenheit samt Fahrer und Babysitter, eine spitzen Ausgangslage für einen Beat-Abend auf einer Zeltkerwa, der erste seit gefühlt 10 Jahren.
Mittlerweile ist es ja so dass man auf Beat-Abenden genauso wenig rauchen darf wie in Kneipen, daran hatte ich nicht gedacht und umsonst eine Lederjacke raus gesucht. Und die rigorose Alterskontrollen waren auch neu. Geänderte Umgebungsvariablen. Gleich geblieben ist aber der fränkische Maßkrug-Move (der Legendäre!).
Für alle die noch nichts vom fränkischen Maßkrug-Move gehört haben, er geht ungefähr so: Man steht mit einem Maßkrug vor der Band, versucht sich in sensomotorischen Bewegungen, achtet aber dabei peinlichst darauf dass sich der Krug möglichst nicht bewegt. Man munkelt ja dass der fränkische Maßkrug-Move die Grundlage für die Entwicklung von Schwebestativ ist, das aber nur am Rand.
Zurück zum Thema, die Band hat alles gegeben, die Zuschauer ebenfalls und im Publikum stinkt es 2016 nicht mehr nach Rauch sondern nach Furze vom Vordermann.
Da Dschasdin vor Ort
Das Bild oben zeigt nicht nur blaues Licht, das blau leuchtet, sondern schön blau illuminiert auch noch den Justin Sullivan samt Band. Der Justin Sullivan ist sowas wie eine singende Ein-Mann-Armee mit New Model Army, Spezialgebiet Ungerechtigkeit. Und wenn der erst mal loslegt und dem Publikum seine Meinung von der Welt samt ihrer Ungerechtigkeit erzählt, dann gibt es kein Halten mehr – weder bei ihm noch im Publikum. Immer wieder ein Garant für gute Unterhaltung!
Der trommelnde Wischmop von Kadavar
Kadavar und Blues Pills an einem Freitag im Löwensaal, das ist schon ein besonderer Glücksfall. Die Vorband Stray Train war gut, aber schlecht abgemischt. Dann kamen Kadavar und Kadavar waren so saugut, das kann man kaum glauben wenn man es nicht selbst gesehen hat, kann man aber hier nachholen.
Und dann Blues Pills. Blues Pills haben vor 2 Jahren ein Kracheralbum vom Stapel gelassen, aber eine langweilige Show abgeliefert. Heuer ist es genau anders herum gewesen. In einem Interview hat die Sängerin gesagt dass sie mittlerweile genug Geld hat um sich anständiges Essen kaufen kann. Donnerwetter, die Vitamine wirken. Super Konzert.
Devon Allman
Aufstehen, in den Süden fahren, in den Norden fliegen, angeregt diskutieren, in den Süden fliegen, in den Norden fahren, heimkommen, Hallo sagen, umziehen, kurz was essen, Tschüss sagen, auf Konzert der Blues-Rock Legende Devon Allman gehen, glücklich sein.
Zugegebenermaßen ein stressiger Tag, aber dafür ein bombastischer Abschluss. Rock’n’Roll ist hartes Business.
Dan Patlansky
Dieser Dan Patlansky ist schon ein krasser Kerl, Gitarre kann der spielen, da haut es dir den Vogel raus! Am Freitag war er in der Milla und wir waren dort.
Was er nicht so gut drauf hat ist das mit dem Merchandising – ein hässliches T-Shirt und die alten CDs „sold out“, zu bestellen nur in Südafrika. Dieser Tiefschlag wurde in der Flex kompensiert und danach ging es brav ins Bett. Brave Blues-Rock-Konzertgeher stehen bei super Ehefrauen hoch im Kurs, brave Blues-Rock-Konzertgeher-Ehefrauen, das nächste große Ding!
Am Tag danach fühlt es sich nicht so gut an, das war aber früher auch schon so
Wenn man den Gestank von Klamotten als Indikator für die Güte eines Abends heranzieht, dann ergibt das heute rein olfaktorisch betrachtet eine Mischung Schweiß, Bier, Schnaps und Rauch. Nur von den Backyard Babies direkt riecht man nichts. Aber die Note Jack Daniels ist genau ihnen zu verdanken, oder besser gesagt einem Trottel der gedacht hat dass es cool ist einen vollen Becher nach vorne zu schmeißen. Naja und der Schweiß geht natürlich auch auf ihr Konto. Rock’n’Roll! Der Tag heute fühlt sich dementsprechend genau so an wie sich ein Tag nach einem der spektakulärsten Rockkonzerten 2015 anfühlen muss.
Als geruchstechnischen Gegenangriff sind wir heute Nachmittag in den Wald Spazieren gegangen und zwar bei Stein (das liegt übrigens, wie die wenigsten vermuten würden, im Landkreis Fürth). Und dort haben wir auch noch gleich das Abendessen klar gemacht. Jetzt wissen wir dass mittelfränkische Piffa auch nicht anders schmecken als oberfränkische. Und mit diesem Erkenntnisgewinn schließen wir diese kurze Exkursion durch das Hack’sche Wochenend.